Pilzinfektionen
PTA-Fortbildung

Pilzinfektionen heilen nie von allein aus

Ob Fuß-, Nagel- oder Scheidenpilz: Mykosen gehören in Apotheken zum Beratungsalltag. Dennoch kursieren einige Mythen, die im Zweifel eher schaden als nützen. In dieser Fortbildung finden Sie geballtes Hintergrund- und Beratungswissen.

22 Minuten

Unangenehme Vaginalmykose

Genitaler Juckreiz, Brennen und ein gelblicher, geruchloser Ausfluss von cremig-krümeliger Konsistenz sind typische Anzeichen für eine vaginale Pilzinfektion. Davon abzugrenzen ist die bakterielle Vaginose, deren Auslöser zumeist anaerobe Gardnerella-Bakterien (Gardnerella vaginalis) des vaginalen Mikrobioms sind. Eine bakterielle Infektion ist durch einen grauen, dünnflüssigen Ausfluss gekennzeichnet, der typisch nach Fisch riecht.

In 80 bis 90 Prozent aller Fälle wird eine Vaginalmykose durch den Hefepilz C. albicans hervorgerufen, seltener durch andere Candida-Spezies (z. B. C. glabrata, C. krusei, C. tropicalis). Candida-Pilze zählen zur physiologischen Besiedlung einer gesunden Vagina. In niedrigen Keimzahlen sind sie ohne Krankheitswert. Zur Infektion kommt es erst, wenn die natürliche Balance zwischen den verschiedenen Mikroorganismen in der Vagina gestört wird.

Dann können Hefepilze aus dem Mikrobiom einen Wachstumsvorteil erhalten, sich unkontrolliert vermehren und eine Vaginalmykose auslösen. Seltener kommt es zur Ansteckung mit Hefepilzen aus dem eigenen Intestinaltrakt (z. B. durch Sexualpraktiken, falsche Toilettenhygiene), der Umgebung (z. B. Sauna, Pool) oder durch den Partner.

Das austarierte Gleichgewicht der vaginalen Besiedlung kann durch zahlreiche Auslöser leicht ins Wanken geraten. Vor allem zählen dazu

  • Hormonveränderungen (z. B. Schwangerschaft, Wechseljahre),
  • Einnahme von Medikamenten (z. B. Antibiotika, Immunsuppressiva),
  • Tragen zu enger oder synthetischer Kleidung im Intimbereich
  • sowie eine falsche beziehungsweise übertriebene Pflege der Genitalien.

Einige Faktoren lassen beispielsweise den Zuckergehalt in den Zellen der Vagina ansteigen, was den Pilzen ideale Lebensbedingungen verschafft (verstärkter Estrogeneinfluss in der Schwangerschaft).

Trockene Vaginalhäute, wie sie bei Frauen in und nach den Wechseljahren vorliegen, oder eine Antibiotikaeinnahme verringern hingegen die Konzentration der so wichtigen im Vaginalsekret lebenden Milchsäurebakterien (Lactobazillen). Diese sorgen bei einer Frau im reproduktionsfähigen Alter für einen leicht sauren pH-Wert in der Vagina, der wiederum vor einem unkontrollierten Wachstum potenzieller Krankheitserreger schützt.

Eine trockene Vaginalhaut ist empfindlich gegen Reibung und damit prädestiniert für Mikroläsionen, die Pilzen ideale Eintrittspforten bieten.

Ebenso lässt zu häufiges Waschen die Vaginalhaut austrocknen. Alkalische Waschlotionen zerstören den Säureschutzmantel und damit die Lactobazillen. Trägt die Frau häufig synthetische Unterwäsche, fördert dies wiederum ein feucht-warmes Milieu, das die Ausbreitung des Pilzes begünstigt.

Selbstmedikation meist möglich

Frauen, die schon einmal unter einer Vaginalmykose gelitten haben, erkennen die Symptome häufig eindeutig wieder, sodass eine Therapie in Eigenregie vertretbar ist. Sollte es sich um eine erstmalige Vaginalinfektion handeln oder die Frau unter 18 Jahren alt sein, ist der Gang zum Gynäkologen ratsam. Ebenso gehören Betroffene, bei denen sich die Symptome nach einer bereits erfolgten antimykotischen Behandlung nicht deutlich gebessert haben, zum Arzt.

Für die Selbstmedikation stehen verschiedene lokale Behandlungsoptionen zur Auswahl. Neben dem hefespezifischen Nystatin und den fungizid wirkenden Antiseptika Povidon-Jod und Octenidin findet vor allem Clotrimazol Verwendung. 

Das Azol ist der Klassiker unter den OTC-Substanzen. Das Breitbandantimykotikum wirkt über einen Eingriff in die Biosynthese von Ergosterol fungistatisch und in höheren Konzentrationen fungizid. Clotrimazol steht in einer großen Auswahl an rezeptfreien Präparaten für die 1-Tages- oder 3-Tages-Therapie als Vaginalcreme, -tablette oder Kombipackung zur Verfügung. Präparate für die Sechstagestherapie sind verschreibungspflichtig.

Eine routinemäßige Mitbehandlung des Partners ist bei einer Vaginalmykose nicht unbedingt notwendig. Sie ist allerdings sinnvoll, wenn er Symptome zeigt, um Reinfektionen zu vermeiden.

Die Ein-Dosis-Behandlung ist als moderne Kurzzeittherapie besonders anwenderfreundlich, braucht aber ein feuchtes Vaginalmilieu zum Auflösen der Vaginaltablette. Daher ist sie für Frauen mit trockenen Vaginalhäuten nicht geeignet. Zudem sollte die Kundin darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich um eine Depotform handelt, die über 72 Stunden ihre Wirkung entfaltet. Die Beschwerden können daher auch erst nach drei Tagen abklingen. Zudem sollte sie mindestens drei Tage lang eine Clotrimazol-haltige Creme auf die Vulva auftragen, da sich auch dort häufig Pilze ansiedeln, die zu Reinfektionen führen können.

Vaginaltabletten sind Mittel der Wahl während der Schwangerschaft. Diese sollten zur Vermeidung mechanischer Irritationen ohne Applikator – nur mit dem Finger – intravaginal eingeführt werden. Einige Hersteller empfehlen aus Gründen der Vorsicht, dass eine Behandlung in der Schwangerschaft immer nur vom Arzt erfolgen sollte. Es ist zudem immer empfehlenswert, dass eine Schwangere den Behandlungserfolg ärztlich kontrollieren lässt.

Vaginalmykosen müssen in der Schwangerschaft unbedingt vollständig eliminiert werden. Zwar wird das Ungeborene im Mutterleib nicht gesundheitlich beeinträchtigt, doch wird der Pilz bei einer vaginalen Geburt in 80 Prozent der Fälle auf das Kind übertragen und ist dann beim Neugeborenen immer pathogen. Dies ist vor allem für Frühchen unter 1500 Gramm gefährlich, da sie an einer lebensbedrohlichen Candidasepsis erkranken können.

Vaginale Infektionen vermeiden

Wer häufig unter Vaginalinfektionen leidet, für den können Vaginalzäpfchen mit Milchsäurebakterien eine gute Empfehlung sein. Mit ihnen lässt sich das saure Vaginalmilieu wiederherstellen und nachhaltig unterstützen. Eine gute Alternative sind Zubereitungen für die vaginale Applikation mit Milchsäure. Darüber hinaus existieren zur oralen Einnahme Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform mit Milchsäurebakterien, die zur Gesunderhaltung der Vaginalhaut beitragen sollen

Cave: Keine Milchsäure in der Akutphase 

Der Rat, Hefepilze mit Milchsäure oder Milchsäure-Bakterien zu behandeln, hält sich hartnäckig. Pilzspezialist Professor Dr. Hans-Jürgen Tietz erklärt jedoch: "Milchsäure-Bakterien sind ausgesprochen pilzfreundlich und machen alles noch viel schlimmer." Eine Milchsäure-Prophylaxe sei im Falle von Harnwegsinfektionen richtig und wichtig. Bei akuten Pilzinfektionen bewirke sie das Gegenteil: „Pilze lieben Säure und sind dagegen resistent.“ Warum enthalten einige antimykotische Kombinationspräparate dennoch Milchsäure? Sie kurbeln durch das Nahrungsangebot den Stoffwechsel der Hefepilze an. Und während der Ergosterolsynthese reagieren sie besonders empfindlich auf Clotrimazol und Miconazol.

Oftmals lassen sich Infektionen allein durch Einhalten bestimmter Vorsichtsmaßnahmen vermeiden:

  • Auf enge, synthetische Kleidung und String-Tangas verzichten
  • Keine Slipeinlagen mit Kunststoffbeschichtung verwenden
  • In der Sauna auf einem frischen Handtuch sitzen
  • Keine übertriebene Intimhygiene, keine Intimsprays
  • Für den Intimbereich neutrale Wasch- und Duschmittel verwenden
  • Bei bestehender Infektion Handtücher, Waschlappen und Unterwäsche täglich wechseln und bei mindestens 60 °C waschen
  • In den letzten Tagen der Menstruation keine oder sehr kleine Tampons einführen
  • Bei der Toilettenhygiene immer von vorne nach hinten wischen
  • Kein Vaginalverkehr nach Analverkehr

Kommt es dennoch in kurzen Abständen immer wieder zu Vaginalmykosen, ist eine ärztliche Untersuchung unerlässlich. Unter Umständen sind Hefepilz-Spezies Auslöser, bei denen herkömmliche rezeptfreie Substanzen nicht greifen. Dann verordnet der Arzt zunächst Vaginalzäpfchen mit Ciclopirox. Bringen auch die nicht den gewünschten Erfolg, erfolgt zusätzlich eine systemische Therapie, die ebenfalls rezeptpflichtige Substanzen (z. B. Fluconazol, Itraconazol) umfasst.

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