Pilzinfektionen
PTA-Fortbildung

Pilzinfektionen heilen nie von allein aus

Ob Fuß-, Nagel- oder Scheidenpilz: Mykosen gehören in Apotheken zum Beratungsalltag. Dennoch kursieren einige Mythen, die im Zweifel eher schaden als nützen. In dieser Fortbildung finden Sie geballtes Hintergrund- und Beratungswissen.

22 Minuten

Hartnäckiger Nagelpilz

Eine Onychomykose ist die typische Folgeerkrankung eines unzureichend behandelten Fußpilzes. Nur 20 Prozent der Nagelpilzfälle entstehen ohne vorherigen Pilzbefall der Füße. Meistens sind die Nägel der Füße betroffen, und hier vor allem der Nagel am großen Zeh. An den Fußnägeln siedeln sich Pilze viermal häufiger als an den Nägeln der Finger an.

Infizierte Nägel erkennt man am Verlust ihres Glanzes, sie werden trübe und undurchsichtig. Bei dem häufigsten Befallsmuster, der distalen-subungualen Onychomykose (DSO), werden weißliche Verfärbungen zuerst am freien Rand des Nagels sichtbar, da sich dort der Pilz anfangs festsetzt. Von den Außenkanten des freien Nagelrandes breitet sich der Pilz dann zur Mitte und zum Nagelwall hin aus. Im weiteren Krankheitsverlauf werden die befallenen Nagelpartien gelblich bis bernsteinfarben, manchmal auch dunkler. Schließlich beginnt sich auch die Nagelstruktur zu verändern. Die Nagelplatte verdickt sich, beginnt am freien Nagelrand zu bröckeln bis sich später der Nagel vom Nagelbett ablöst.

In den meisten Fällen werden Pilzinfektionen an den Nägeln als Blickdiagnose gestellt. Doch manchmal ist zur Abgrenzung von anderen Hauterkrankungen eine Laboruntersuchung notwendig. Die typischen Ansteckungsorte eines Fußpilzes sind auch die charakteristischen Infektionsquellen für einen Nagelpilz. Ebenso sind die Risikofaktoren, die eine Nagelpilzinfektionen begünstigen oder aufrechterhalten, die gleichen wie bei einem Fußpilz.

Insbesondere leiden ältere Menschen und Diabetiker aufgrund von Durchblutungsstörungen und einem dadurch bedingten verlangsamten Nagelwachstum unter Nagelpilz. Aber auch sportliche aktive Menschen sind gefährdet, da ihre Füße und Nägel in Sportschuhen extremen Druckbelastungen ausgesetzt sind. Folge sind Mikrotraumen, die dem Pilz als Eintrittspforte dienen. Das feucht-warme Klima im Schuhwerk sorgt darüber hinaus für ideale Lebensbedingungen.

Therapie unerlässlich

Eine Onychomykose sollte zügig behandelt werden, da es keine Spontanheilung gibt. Vielmehr besteht die Gefahr, dass der befallene Nagel vollständig zerstört wird. Zudem erhält der Pilz die Chance, sich auf weitere Nägel und Hautareale (z. B. Leistenbeugen, Hände) auszudehnen und andere Personen anzustecken. Je länger der Pilz im Nagel verbleibt, desto schwieriger und langwieriger gestaltet sich auch die Therapie. Häufig genügt dann die alleinige Anwendung lokal applizierbarer Antimykotika nicht mehr und es werden zusätzlich orale Antimykotika erforderlich.

Als Faustregel gilt, … …dass eine topische Therapie im Rahmen der Selbstmedikation möglich ist, wenn weniger als zwei Drittel der Nagelplatte und maximal drei Nägel befallen sind – immer ohne Befall der Nagelmatrix. Ansonsten muss der Arzt eingeschaltet werden, der eine systemische Therapie einleitet.

Auch während einer systemischen Antimykose muss die topische Behandlung immer parallel weitergeführt werden, da sich mit einer ausschließlich oralen Therapie keine ausreichenden Heilungsraten erzielen lassen. Eine topisch-systemische Kombinationstherapie ist erheblich wirkungsvoller, weil die verschiedenen Applikationsformen auf unterschiedlichen Wegen an den Wirkort gelangen. Während die Topika direkt von außen in das Nagelkeratin eindringen, erreichen orale Therapeutika den Nagel von innen über das Nagelbett und die Matrix durch Diffusion aus den Kapillargefäßen. 

Ein Arztbesuch wird ebenso notwendig, wenn bei der Selbstmedikation mit Topika kein gesundes Nachwachsen des Nagels beobachtet werden kann. Auch häufig wiederkehrende Pilzinfektionen der Nägel sind kein Fall für die Selbstmedikation, denn sie können Anzeichen für einen bislang unerkannten Diabetes sein. Um Komplikationen zu vermeiden, sollte bei Diabetikern und Patienten mit Durchblutungsstörungen in den unteren Extremitäten grundsätzlich ein Arzt die antimykotische Behandlung begleiten.

Darüber hinaus gehören Kinder sowie Frauen während der Schwangerschaft und Stillzeit in ärztliche Hand. Bei der Therapie ist Geduld und Ausdauer gefragt, denn infizierte Nägel müssen so lange behandelt werden, bis sie komplett gesund nachgewachsen sind. Das kann an den Füßen bis zu zwölf Monate dauern, an den Händen geht es mit etwa drei bis sechs Monaten schneller. Bei vorzeitigem Abbruch ist ein Wiederaufflammen der Infektion durch noch aktive Pilze sowie deren Überdauerungsform, den Sporen, möglich.

Verschiedene Therapieoptionen

Prinzipiell kommen die gleichen antimykotischen Substanzen wie beim Fußpilz zur Anwendung (außer Clotrimazol). Mittel der Wahl sind antimykotische Lacke mit Amorolfin, Ciclopirox oder Terbinafin, die heute rezeptfrei für die Selbstmedikation erhältlich sind.

Bifonazol steht nur als Creme zur Verfügung, die im Rahmen einer atraumatischen Nagelentfernung (z. B. Keratolyse mit Harnstoff) appliziert wird. Ansonsten eignen sich Cremes, Lösungen oder Sprays nicht, da sie nicht in der Lage sind, die Nagelplatte zu durchdringen.

Wird eine orale Therapie erforderlich, erfolgt diese mit den verschreibungspflichtigen Wirkstoffen Terbinafin, Itraconazol oder Fluconazol. Substanzabhängig existieren unterschiedliche Dosierungsregimes.

Wirkstoff

Dosierungsintervall

Therapiedauer

Terbinafin

täglich

3 bis 6 Monate

Fluconazol

wöchentlich

5 bis 12 Monate

Itraconazol

als Pulstherapie, das heißt mehrmaliger Wechsel zwischen Behandlung und Therapiepausen

Maximal 3 Monate

 

Besonders rasche Therapieerfolge lassen sich erzielen, wenn vor der lokalen antimykotischen Behandlung der Nagel atraumatisch abgetragen wird. Dafür hat sich in der Praxis die Keratolyse mit 40-prozentigem Harnstoff bewährt.

Die Harnstoff-Salben werden täglich messerrückendick auf den Nagel aufgetragen und mit einem Pflaster abgeklebt. Unter dem Okklusivverband weichen infizierte Nagelbereiche auf. Diese werden anschließend mit dem Spatel schmerzfrei abgetragen, während die gesunde Nagelsubstanz erhalten bleibt.

Im Anschluss, je nach Befall etwa nach zwei bis drei Wochen, wird mit geeigneten antimykotischen Topika weiterbehandelt, um die Pilzinfektion nachhaltig zu bekämpfen und das Nachwachsen gesunder Nagelsubstanz zu garantieren.

Neben reinen Harnstoffsalben existieren auch Zubereitungen, die gleichzeitig Bifonazol als Antimykotikum enthalten. Hier weicht der Harnstoff den Nagel auf, während der fungizide Wirkstoff freien Zugang zum Nagelbett erhält, um dort tiefsitzende Resterreger zu erfassen. Anschließend wird in einer zweiten Behandlungsphase die antimykotische Therapie allein mit Bifonazol vier Wochen lang weitergeführt, um ein wiederholtes Auftreten des Nagelpilzes zu verhindern.

Lacktherapie

Die Nagelplatte ist eine schwer zu überwindende Barriere für die lipophilen Antimykotika. Lackformulierung ermöglichen es den Substanzen, tief in die Nagelplatte einzudringen und ausreichende Wirkstoffkonzentrationen an den Infektionsherd zu transportieren. Dabei stehen wasserfeste und wasserlösliche Formulierungen zur Auswahl.

Während Amorolfin nur als wasserfester Nagellack erhältlich ist, existieren mit Ciclopirox sowohl wasserfeste als auch wasserlösliche Lacke. Terbinafin gibt es wiederum nur als wasserlösliche Formulierung. Bei wasserlöslichen Lacken ermöglicht eine besondere Galenik die Penetration des Wirkstoffs in den Nagel, bei wasserunlöslichen Lacken gelingt dies durch Okklusion.

Wasserfeste Lacke

Wasserfeste Lacke schätzen insbesondere diejenigen, die ihre Nägel farbig lackieren möchten. Zudem verliert der Lack seine Wirkung nicht bei Wasserkontakt (z. B. Händewaschen), was vor allem bei einem Befall der Fingernägel vorteilhaft sein kann. Nachteil der wasserfesten Textur ist aber, dass Reste der Lackzubereitung während des Behandlungszeitraums regelmäßig mit Alkoholtupfern oder Nagellackentferner beseitigt werden müssen, damit der Lack gut haftet und der Wirkstoff in den Nagel eindringen kann.

Zudem erfordern die meisten wasserfesten Lacke – präparateabhängig in unterschiedlicher Häufigkeit – ein Aufrauen der Nagelplatte beziehungsweise ein Abfeilen des zerstörten Nagelmaterials. Manche Präparate sehen ein Abtragen des erkrankten Nagelgewebes mit Schere oder Knipser vor. 

Während Lacke mit Amorolfin nur einmal wöchentlich appliziert werden müssen, erfordern Ciclopirox-haltige wasserfeste Lacke eine häufigere Applikation. Diese variiert je nach Präparat und Anwendungsmonat.

Wasserlösliche Lacke

Eine gute und einfach zu applizierende Alternative sind wasserlösliche Formulierungen mit Ciclopirox oder Terbinafin. Sie erfordern weder Lösungsmittel noch ein Feilen der Nägel. Überschüssiger Lack wird beim Duschen einfach abgewaschen. Damit ist die Anwendung unkompliziert und bequem, was die Compliance steigert. 

Der Terbinafin-Lack muss in den ersten vier Wochen einmal täglich und danach nur noch einmal pro Woche auf den befallenen Nagel und die umgebene Haut appliziert werden. Der wasserlösliche Lack mit Ciclopirox wird regelmäßig einmal täglich aufgetragen.

Welcher Arzneistoff wirkt am besten?

Ciclopirox punktet durch seine nachgewiesene sporozide Wirkung. Diese wird zwar auch für Amorolfin, Terbinafin und Bifonazol postuliert, gilt aber als umstritten. In Studien hat sich der wasserlösliche Ciclopirox-Lack wirksamer als wasserfeste Formulierungen mit Ciclopirox und Amorolfin gezeigt. Aussagekräftige Vergleiche mit Terbinafin-Lacken fehlen bislang.

Empfehlenswert ist die Applikation vor dem Schlafengehen, damit der Wirkstoff über Nacht die Gelegenheit bekommt, gut in den Nagel einzudringen und seinen Wirkort zu erreichen. Zudem wird empfohlen, auch den Nagelfalz zu bepinseln, um so potenzielle Eintrittspforten zu erreichen.

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