Eine schwangere Frau in Unterwäsche und offenem Hemd streichelt ihren Bauch.© Andrey Sayfutdinov / iStock / Getty Images Plus
Jede Phase der Schwangerschaft bringt ihre eigenen Beschwerden – und Freuden – mit sich.

Tipps

SCHWANGERSCHAFTS-BESCHWERDEN UND WAS DAGEGEN HILFT

So groß die Freude auf ein Baby ist: In der Schwangerschaft leiden viele Frauen unter Beschwerden, verursacht durch die hormonelle Umstellung oder das zusätzliche Gewicht. Oft führt sie dann der erste Weg in die Apotheke.

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Morgenübelkeit, Sodbrennen oder ganz einfach eine Erkältung, die auch vor Schwangeren nicht halt macht: Viele Schwangere sind unsicher, ob sie Arzneimittel einnehmen dürfen, und welche.

Doch für die meisten Beschwerden gibt es sichere und gut verträgliche Medikamente. Hier kommt eine Zusammenfassung über die häufigsten, teils ganz schön lästigen Probleme – und die passenden Lösungen, die Sie sicher empfehlen können.

Morgenübelkeit

Beginnen wir mit der Morgenübelkeit, die bis zu 80 Prozent der Schwangeren betrifft. Sie besteht, anders als der Name vermuten lässt, in vielen Fällen den ganzen Tag über, nicht nur morgens. Bei rund der Hälfte der Frauen führt sie auch zu Erbrechen, vor allem in der Frühschwangerschaft.

Frauen mit Hyperemesis gravidarum erbrechen bis zu 20 (!) mal täglich. Diese extreme Form der Schwangerschaftsübelkeit trifft ein bis zwei Prozent der Schwangeren und kann durch den entstehenden Flüssigkeits- und Elektrolytmangel oft nur im Krankenhaus über Infusionen behandelt werden.

Gegen die Übelkeit können Sie in der Apotheke zunächst empfehlen, Scharfes, Fettiges oder bestimmte Getränke zu vermeiden. Kleinere, über den Tag verteilte Mahlzeiten sowie eine ausreichende Trinkmenge helfen, den Symptomen Herr zu werden. Vitamin B6, Ingwerwurzelstock und Akupunktur lindern Übelkeit recht effektiv.

Reicht das nicht oder kommt Erbrechen dazu, empfehlen Sie man H1-Antihistaminika wie Doxylamin und Dimenhydrinat. Ersteres gibt es auch in Kombination mit Vitamin B6. Antihistaminika sollen gegen Ende der Schwangerschaft gemieden werden, weil sie möglicherweise einen wehenfördernden Effekt haben.

Wenn alles nicht hilft, kann der Arzt Metoclopramid oder Ondansetron verschreiben. Schwangerschaftsübelkeit sollte stets behandelt werden, denn es gibt Hinweise auf ein geringeres Geburtsgewicht bei Säuglingen, deren Mütter stark darunter litten. Als Ursachen werden die hormonelle Umstellung, ein Vitamin B6-Mangel und eine schwangerschaftsbedingte Schwäche des unteren Ösophagussphinkters diskutiert – das ist der Muskel, der die Speiseröhre gegen den Magen abdichtet. Bei den Hormonen gab man lange allein dem steigenden hCG-Spiegel die Schuld. Kürzlich identifizierten Forschende jedoch auch eine Mutation am GDF15-Gen als Ursache für schweres Schwangerschaftserbrechen.

Sodbrennen in der Schwangerschaft

Ein weiteres häufiges Problem hat ebenfalls mit dem unteren Ösophagusphinkter zu tun: Sodbrennen. 30 bis 50 Prozent aller Schwangeren kennen das. Es müssen nicht unbedingt charakteristische, brennende Schmerzen hinter dem Brustbein auftreten. Auch ein anders nicht erklärbarer trockener Husten kann ein Symptom sein. Ein bis zwei Prozent der Betroffenen entwickeln eine Entzündung der Speiseröhre, die behandelt werden muss.

Bei leichteren Beschwerden kann es helfen, kleinere Mahlzeiten zu sich zu nehmen, Süßes und Fettes zu reduzieren und mit erhöhtem Oberkörper zu schlafen. Reicht das nicht, eignen sich am besten aluminiumfreie Antacida wie Natriumalginat.

Auch Hydrotalcit und Magaldrat können eingesetzt werden, wegen des Aluminiumgehaltes aber nur kurzfristig. Aluminium kann die Plazentaschranke überwinden und das Baby möglicherweise schädigen. Bei fehlender Besserung empfiehlt sich Famotidin, ein langwirksamer H2-Antagonist. Auch Omeprazol eignet sich nach ärztlicher Rücksprache.

Wenn die Verdauung nicht recht will

Verdauungsbeschwerden kommen in der Schwangerschat häufig vor, zum einen, weil die beteiligten Organe dem heranwachsenden Kind Platz machen müssen, zum anderen auch hormonell bedingt.

Unter Verstopfung leiden bis zu 40 Prozent aller Schwangeren. Durch hormonelle Veränderungen entspannen sich die glatten Muskeln des Darms und die Transitzeit verlängert sich. Dadurch werden vermehrt Wasser und Elektrolyte rückresorbiert, der Stuhl wird fester. Auch möglicherweise veränderte Nahrungsgewohnheiten oder verminderte körperliche Aktivität tragen zu Verstopfung bei, ebenso die Einnahme von Eisenpräparaten.

Für die Behandlung stehen nichtmedikamentöse Maßnahmen im Vordergrund. Der Ballaststoffgehalt der Nahrung, die Trinkmenge und Bewegung sollten erhöht werden. Bestehen die Beschwerden fort, eignen sich Quellstoffe am besten, zum Beispiel Leinsamen oder Flohsamenschalen. Achtung: Weisen Sie hier unbedingt auf den erhöhten Flüssigkeitsbedarf hin! Auch eine Magnesiumsubstitution kann helfen.

Wenn die Wirkung nicht ausreicht, sind Lactulose und Macrogol in Ordnung. Erst bei deren Versagen können kurzfristig Bisacodyl, Natriumpicosulfat oder die rektale Anwendung von Mannitol, Sorbitol oder Glycerol zum Einsatz kommen.

Keinesfalls dürfen Anthrachinone (Sennes, Faulbaum, Aloe, Rhabarberwurzel) eingenommen werden, da die Anthrachinone zum einen die Uterusmuskulatur stimulieren können und zum zweiten keine ausreichenden toxikologischen Untersuchungen vorliegen. Paraffin und Rizinusöl meidet man ebenfalls.

Das Ziel bei der Behandlung von Verstopfung ist das gleiche wie bei der Therapie von Hämorrhoiden. Es sollte ein weicher, aber geformter Stuhl die Regel sein. Starkes Pressen oder harter Stuhl führen zu Problemen. Durch die Schwangerschaftshormone lockert sich das Bindegewebe und besonders gegen Ende steigt der Druck im Bauchraum. Das lässt die ringförmigen Blutgefäßpolster im Enddarm anschwellen – Hämorrhoiden entstehen. Diese äußern sich durch Juckreiz, Brennen und Nässen. Nach der Geburt bilden sich die Beschwerden meist von allein zurück.

Sitzbäder mit Kamille reinigen den betroffenen Bereich und wirken entzündungshemmend. Über maximal vier Wochen kommt die Anwendung einer Hamamelis-Salbe in Betracht, die zusätzlich adstringierende Effekte aufweist. Bei starkem Juckreiz darf kurzfristig Lidocain angewendet werden.

Gegen Blähungen der werdenden Mutter können Sie Simethicon uneingeschränkt empfehlen. Der Entschäumer wird nicht resorbiert und wirkt zuverlässig gegen die Beschwerden.

Schwangerschaftsbeschwerden „untenrum“

Der veränderte Hormonhaushalt kann auch das Vaginalmikrobiom beeinträchtigen. Vaginalpilz trifft jede dritte Schwangere und ist bei werdenden Müttern immer behandlungsbedürftig. Am besten verweisen Sie die Patientin an den Frauenarzt, um zu klären, ob tatsächlich eine Pilzinfektion vorliegt. Ist das der Fall, sind Mittel der Wahl Clotrimazol und Miconazol. Auch Nystatin ist in Ordnung, scheint aber weniger wirksam zu sein. Wichtig: Die beiliegenden Applikatoren für Vaginaltabletten oder Creme sollten nicht verwendet werden, lieber die Finger.

Ebenfalls ein Fall für den Arzt sind Blasenentzündungen. Durch die hormonbedingt erweiterten Harnleiter steigen Keime schneller auf und verursachen bei einem bis zwei Prozent der Schwangeren Nierenbeckenentzündungen. Der Arzt kann gegebenenfalls ein geeignetes Antibiotikum verordnen, nach strenger Indikationsstellung (und nur dann!) auch Butylscopolamin.

Schwangerschaftsschnupfen und Erkältungen

Rund 20 bis 30 Prozent der Schwangeren leiden unter einem Dauerschnupfen, der sogenannten Schwangerschaftsrhinitis. Der erhöhte Östrogenspiegel steigert die Durchblutung aller Schleimhäute, was zu verstopfter Nase und in der Folge zu Kopfschmerzen, Mundtrockenheit und Schlafstörungen führen kann. Nasenduschen und kochsalzhaltige Nasensprays können diese Beschwerden lindern. Der Einsatz von Vasokonstiktoren wie Xylo- oder Oxymetazolin sollte nur kurzfristig erfolgen.

Schmerzen und Fieber lassen sich am besten durch Paracetamol lindern. Die Substanz bleibt in der gesamten Schwangerschaft Mittel der Wahl. Aber auch sie darf nicht leichtfertig eingenommen werden. Für die Selbstmedikation kommen Schmerzmittel generell nur bei bekanntem Auslöser und bei leichten bis mittelschweren Schmerzen in Frage.

Kein Paracetamol für Schwangere?
Verunsicherung gab es in den letzten Jahren wegen des Verdachts, dass die Einnahme von Paracetamol möglicherweise Asthma, Verhaltensauffälligkeiten oder Hodenhochstand bei den Kindern begünstigt. Doch diese Ergebnisse konnten nicht bestätigt werden.

Neben Paracetamol kann auch Ibuprofen eingenommen werden, allerdings nicht mehr nach der 28. Schwangerschaftswoche. Wie alle NSAR könnte die Substanz im letzten Schwangerschaftsdrittel zum vorzeitigen Verschluss des Ductus Arteriosus botallii und damit zu Lungenhochdruck beim Neugeborenen führen. Wichtig: das gilt auch für Gel oder Creme!

Schmerzmittel sollten nicht leichtfertig eingenommen werden. Aber: Die Nichtbehandlung von Schmerzen oder Fieber gefährdet den Schwangerschaftsverlauf!

Migräne  kann (nach ärztlicher Diagnosestellung) mit Sumatriptan behandelt werden, wenn Ibuprofen oder Paracetamol nicht helfen.

Schlaflos und gestresst

Schlafstörungen können sehr belastend sein. Psychische Ursachen für Schlafprobleme wie Ängste oder Nervosität können warme Fußbäder oder Tees mit Lavendel, Melisse, Kamille oder Fenchel lindern. Nicht zum Einsatz kommen sollten Baldrian oder Passionsblume wegen einer möglichen wehenfördernden Wirkung.

Krämpfe und Wasser in den Beinen

Wadenkrämpfe lindert zunächst sanfte Dehnung und Massage, außerdem sollten vermehrt magnesiumreiche Lebensmittel wie grünes Gemüse, geschälte Mandeln oder magnesiumreiches Mineralwasser verzehrt werden. Reicht das nicht, empfiehlt sich eine Supplementierung.

Viele Schwangere leiden auch unter geschwollenen und schweren Beinen. Die Hormone machen das Bindegewebe weicher und können auch zu Krampfadern führen. Diese bilden sich aber meist selbst zurück, wenn das Baby da ist. Spaziergänge, kühle Bäder und Hochlagerung der Beine können unterstützen sowie Pflegelotionen mit Hamamelis- und Arnikaauszügen. Auch Kompressionsstrümpfe machen oft Sinn.

Vorsicht vor Gerinnseln!
Vorsicht ist geboten, wenn einseitig starke Schwellungen, besonders des Oberschenkels, oder ein ziehender Schmerz oder Rötung auftreten. Dies könnten Anzeichen für eine Thrombose sein und sind ein Fall für den Arzt.

Herpes in der Schwangerschaft

Auch die Haut bleibt oft nicht verschont von den Auswirkungen der hormonellen Umstellung. Viele Frauen neigen vermehrt zu Lippenherpes. Hier helfen Pflaster zur Abdeckung, Cremes mit Melissenextrakt oder spezielle Wärmestifte. Denn die thermolabilen Herpesviren überstehen Erwärmung nicht. Hilft das alles nicht, kann Aciclovir empfohlen werden.

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