Ein leerer Teller, auf dem Messer und Gabel überkreuzt liegen.© OlgaMiltsova / iStock / Getty Images Plus
Fastenzeit: Der längerfristige Verzicht auf Nahrung kann antientzündlich wirken. Forschende haben nun überraschende Hintergründe aufgedeckt.

Arachidonsäure

FASTEN GEGEN ENTZÜNDUNGEN: WAS ASS DAMIT ZU TUN HAT

Heute, am Aschermittwoch, ist es wieder so weit: Für gläubige Christen beginnt die vierzigtägige Fastenzeit. Dass der zeitweilige Verzicht auf Nahrung segensreiche Wirkungen auf unseren Körper hat, weiß man schon lange. Besonders die Arachidonsäure spielt hier eine Schlüsselrolle: Sie hemmt Entzündungen. Wie bitte?

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Der obige Satz ist ein Paradoxon. Denn eigentlich ist die Fettsäure Arachidonsäure vor allem für ihre entzündungsfördernde Wirkung bekannt. Und während des Fastens steigt der Arachidonsäure-Spiegel im Blut an. Doch statt zu mehr Entzündungen zu führen, unterdrückt die Arachidonsäure bestimmte entzündliche Prozesse, wie Studien zeigen.

Wie kann das sein, und welche Rolle spielt das bei der Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS)? Das wollte Milton Pereira von der University of Cambridge genauer wissen.

Fasten und entzündliche Botenstoffe

Er untersuchte dazu 21 Testpersonen, die erst eine Mahlzeit mit 500 Kilokalorien verzehrten, dann 24 Stunden nichts aßen und danach erneut 500 Kilokalorien zu sich nahmen. Wie zu erwarten, sank während des Fastens der Spiegel des Entzündungsbotenstoffs Interleukin-1beta, während sich der Spiegel der Fettsäure Arachidonsäure jedoch erhöhte.

Pereira und sein Team stießen nun auf einen überraschenden Effekt – trotz erhöhter Arachidonsäure gingen die Entzündungswerte runter. Dass die Arachidonsäure ihre Rolle im Stoffwechsel während des Fastens einfach umkehrt, war den Forschern ein Rätsel. Eigentlich liefert sie nämlich die Ausgangssubstanz für die Produktion von Prostaglandinen, die für Schmerzen und Fieber sorgen.

Menschen mit Erkrankungen wie Rheuma oder Gicht wird deshalb empfohlen, möglichst wenig Arachidonsäure mit der Nahrung zu sich zu nehmen. Besonders viel davon ist in Schweineschmalz, Leber und Speck sowie in Butter und Eigelb enthalten.

Entzündungen haben Sinn, sind auf Dauer aber ein Risiko
Entzündungen sind per se eine wichtige Reaktion unseres Körpers, um Infektionen zu bekämpfen. Das Immunsystem arbeitet dann auf Hochtouren, um Krankheitserreger oder Noxen ganz schnell aus dem Körper zu entfernen. Aber auch unsere kalorienreiche westliche Ernährung kann Entzündungsprozesse auslösen. Ernährungsbedingte chronische Entzündungen erhöhen dann beispielsweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer der häufigsten Todesursachen in Europa.

Kann Arachidonsäure Entzündungen hemmen?

Zellkulturen brachten die Erklärung. Während des Fastens hemmt Arachidonsäure die Aktivität eines bestimmten Inflammasoms. Es ist an schädlichen Entzündungen beteiligt, die mit Adipositas, Atherosklerose sowie bestimmten neurologischen Erkrankungen (Parkinson, Alzheimer) in Verbindung gebracht werden. „Dies ist eine mögliche Erklärung dafür, wie eine Ernährungsumstellung – insbesondere durch Fasten – uns vor Entzündungen schützt“, sagt Pereiras Kollegin Clare Bryant.

Effekt des Fastens nur von kurzer Dauer

Doch bevor sich Übermut einstellt: Diese Auswirkungen sind nur von kurzer Dauer. Die Blutspiegel von Interleukin-1beta und Arachidonsäure gingen schnell wieder zurück auf ihr normales Niveau, nachdem die Testpersonen wieder aßen wie vor dem Experiment.

Spekulationen, ob Fasten vor Alzheimer oder Parkinson schützen kann, wiesen die Forscher als verfrüht zurück. „Dennoch deutet unsere Arbeit darauf hin, dass regelmäßiges Fasten über einen längeren Zeitraum dazu beitragen könnte, die chronische Entzündung zu verringern, die wir mit diesen Erkrankungen in Verbindung bringen“, so Bryant.

Neuer Wirkmechanismus von Schmerzmitteln entdeckt?

Eine interessante „Nebenwirkung“ fiel aufgrund dieser Forschungsarbeiten auch noch an: Die Ergebnisse lieferten einen Hinweis auf eine zusätzliche, bisher unbekannte Wirkungsweise von manchen entzündungshemmenden Schmerzmitteln wie Acetylsalicylsäure (ASS). Die wirken nämlich, indem sie die Umwandlung von Arachidonsäure zu schmerzfördernden Prostaglandinen blockieren.

Übersehen hatte man bisher, dass dadurch auch der Arachidonsäure-Spiegel ansteigen kann – was wiederum das Inflammasom hemmt. Auf diese Weise könnte ASS auf einem zusätzlichen, neu entdeckten Weg Entzündungen hemmen.

Quelle: Wissenschaft.de

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