© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Was ist eigentlich …

… GERD?

Müsste es nicht lauten „Wer ist eigentlich Gerd?“ und die Antwort wäre dann zum Beispiel „Gerd, das ist doch der Nachbar, der samstags immer rasenmäht“? Nein, GERD steht für gastroesophageal reflux disease, also gastroösophageale Refluxkrankheit.

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Ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung leiden an GERD, damit ist sie eine der häufigsten Erkrankungen des Verdauungstrakts. Durch eine übermäßige Magensäureproduktion oder, weil der untere Ösophagussphinkter nicht ausreichend dicht schließt, steigt saurer Speisebrei in die Speiseröhre auf. Für den Betroffenen äußert sich dies durch Aufstoßen, Sodbrennen und Druckschmerzen hinter dem Brustbein, eventuell auch Übelkeit und Erbrechen, Reizhusten oder Heiserkeit. Meist sind die Beschwerden im Liegen besonders stark, da die Magensäure in dieser Position leichter die Speiseröhre hinaufsteigen kann.

Konsumkrankheit Die gastroösophageale Refluxkrankheit kann verschiedene Ursachen haben. Zu den Risikofaktoren zählen fettreiche Mahlzeiten und der regelmäßige Konsum von Nikotin, Alkohol und Coffein. Übergewicht und Schwangerschaft begünstigen das saure Aufstoßen, da der Bauch eine Druckbelastung auf den Magen ausübt. Auch Arzneimittelnebenwirkungen bei der Einnahme von beispielsweise Schmerzmitteln, Anticholinergika, Benzodiazepinen oder β-Mimetika kommen als Auslöser in Frage. Eine Helicobacter-pylori-Infektion kann ebenfalls Reflux verursachen. Bei nur selten auftretenden, leichten Beschwerden zeigen sich zunächst keine Veränderungen am Gewebe der Speiseröhre (nichterosive Refluxkrankheit, NERD).

Bleibt der Reflux unbehandelt, kommt es zu oberflächlichen Verletzungen des Ösophagus, eventuell auch zu Entzündungen (Ösophagitis), im weiteren Verlauf dann zu Geschwüren und Narben. Wird das charakteristische Plattenepithel der Speiseröhre auf diese Weise verdrängt, ersetzt der Körper es durch magenschleimhautähnliches Zylinderepithel. Nun spricht man vom Barrett-Syndrom. Die Wahrscheinlichkeit, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken, ist bei dieser chronischen Form stark erhöht. Außerdem sind durch den sauren Magensaft, wenn er in den Mund- und Rachenraum gelangt, Zahnschädigungen, Kehlkopf- und Rachenbeschwerden möglich. Reizhusten oder sogar Asthma entsteht, wenn Säure wieder eingeatmet wird.

Antazida und PPI Klagt ein Kunde über die typischen GERD-Beschwerden, gibt es allerhand Verhaltenstipps für ihn. Er sollte fettiges und scharfes Essen meiden, um die Salzsäureproduktion im Magen nicht zusätzlich anzuregen, und er kann das Verdauungsorgan entlasten, indem er über den Tag verteilt viele kleine statt weniger üppiger Mahlzeiten isst. Auf Kaffee, Alkohol und Zigaretten sollte er verzichten. Enge Hosen verstärken den Druck des Bauches in Richtung der Verdauungsorgane, das lässt sich ebenfalls vermeiden. Zum Schlafen sollte der Oberkörper erhöht gelagert werden, zehn bis zwölf Zentimeter werden hier empfohlen. Kommt Stress als Auslösefaktor in Frage, ist Yoga oder autogenes Training hilfreich.

Meist reichen diese Tipps jedoch nicht aus, um schnelle Linderung zu erzielen. Es ist ratsam, die vorhandene Magensäure mit Antazida wie Magaldrat, Hydrotalcit oder Natriumhydrogencarbonat zu neutralisieren. Kombinationsprodukte mit Alginat verhindern zusätzlich mechanisch das Aufstoßen des Speisebreis. Heilerde in den verschiedenen Darreichungsformen kann überschüssigen Magensaft binden. Eine Rollkur mit Kamille gilt als bewährtes Hausmittel: Der Kunde kocht sich einen möglichst starken Kamillentee und lässt diesen abkühlen. Er trinkt ein Viertel davon und legt sich auf den Rücken. Nach zehn Minuten trinkt er ein weiteres Viertel und legt sich auf die linke Seite, als nächstes auf den Bauch und schließlich in die rechte Seitenlage.

Dies soll alle Stellen der Magenwand erreichen und eine entspannende, leicht antientzündliche Wirkung auf das Gewebe haben. Der Neubildung von Magensäure wird mit Protonenpumpenhemmern (PPI) vorgebeugt, auch H2-Antihistaminika wie Famotidin und Ranitidin stehen zur Verfügung. Über einen Zeitraum von zwei Wochen eingenommen geben sie der Magenschleimhaut Gelegenheit, sich zu regenerieren, so sollten die Beschwerden abklingen. Ist dies nicht der Fall oder kehrt das Aufstoßen dann zurück, muss der Kunde an den Arzt verwiesen werden, genauso wie im Fall von Schluckschwierigkeiten, Schmerzen in der Brustregion oder wenn die Beschwerden mehrmals pro Woche auftreten.

Ärztliche Diagnose Der Gastroenterologe fragt den Patienten zunächst nach Schwere und Häufigkeit der Beschwerden. Er geht davon aus, dass die Refluxkrankheit vorliegt, wenn säuretypische Beschwerden mindestens ein- bis zweimal pro Woche auftreten. Liegen keine Alarmsymptome vor (Schluckbeschwerden, Gewichtsverlust über fünf Prozent, Anämie), verordnet der Arzt die PPI Pantoprazol oder Omeprazol. Nur in besonders schweren Fällen erfolgt eine weitere Abklärung mittels Speiseröhren- und Magenspiegelung, Gewebeprobenentnahme oder pH-Metrie, bei der eine Sonde in den Magen eingebracht wird, die dort über 24 Stunden die Azidität aufzeichnet. Gerd ist also nicht der Nachbar, der samstags seinen Garten pflegt, sondern er leidet an Sodbrennen. Empfehlen Sie ihm bequeme Kleidung, viele Kissen und Arzneimittel, die zu seinen individuellen Beschwerden passen – er wird es Ihnen danken.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/2020 auf Seite 72.

Gesa Van Hecke, PTA/Redaktionsvolontärin

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