Drogeriemarktregal mit Make-up; verschwommen© Kwangmoozaa / iStock / Getty Images Plus
Medikamente und Apothekenprodukte im Regal gleich neben Make-up, Waschmittel und Katzenfutter. Das ist die Vision des CEO der Drogeriekette Christoph Werner. Er kämpft für eine Deregulierung des Arzneimittelmarktes, also den Wegfall der Apothekenpflicht.

Expansionspotenzial

DROGERIEMARKT DM ALS ANTWORT AUF APOTHEKENSTERBEN

Das Apothekensterben in Deutschland schreitet voran. Worin viele eine Gefahr für die Arzneimittelversorgung sehen, wittern andere wie Christoph Werner, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung, eine neues lukratives Geschäftsfeld.

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222 Apotheken weniger hat Deutschland seit Anfang des Jahres zu beklagen. Besonders ausgeprägt ist das Apothekensterben auf dem Land und in strukturschwachen Regionen. So ist eine zuverlässige und standortnahe Versorgung mit Medikamenten längst nicht mehr überall gewährleistet.

Die hohe Zahl an Apothekenschließungen spielt dm-CEO Christoph Werner geradezu in die Hände. Dieser liebäugelt nämlich bereits seit Längerem mit einer Sortimentserweiterung um Apothekenprodukte und will mit seiner Drogeriemarktkette künftig einspringen, wenn sich die Lage weiter verschärft. In einem Interview mit dem Handelsblatt spricht Werner von dem Potenzial, welches er in den Bereichen Gesundheit und Medizin sieht.

Gibt es Medikamente bald im dm-Drogeriemarkt zu kaufen?

Werner ist entschlossen, die drohende Versorgungslücke in Deutschland zu schließen. „Wir sehen ja jetzt schon ein Apothekensterben und eine Überlastung der Facharztpraxen. Wir können da als dm mit unseren gut ausgebildeten Drogisten viel mehr anbieten“, so der CEO und nennt prompt als Beispiel die über 500 Corona-Schnelltestzentren, welche die Drogeriemarktkette während der Pandemie betrieben hatte.

Dabei treiben den Vorsitzenden vor allem wirtschaftliche Eigeninteressen: Schon seit einigen Jahren verfolgt Christoph Werner das Ziel eines eigenen Arzneimittelsortiments. Noch versperren aber gesetzliche Vorgaben den Weg. Gemäß § 44 Arzneimittelgesetz (AMG) darf bislang außerhalb von Apotheken schließlich nur mit freiverkäuflichen Arzneimitteln gehandelt werden.

Zudem ist der Verkauf freiverkäuflicher Arzneimittel nur dann erlaubt, wenn Einzelhändler die dafür erforderliche Sachkenntnis nachweisen können (vgl. § 50 Abs. 1 AMG). Für eine Handelskette mit mehreren Betriebsstellen wie dm bedeutet das, dass in jeder Betriebsstelle eine Person vorhanden sein muss, die die erforderliche Sachkenntnis besitzt.

Besitzen Drogisten die nötige Sachkenntnis für den Verkauf?

Der Sachkundenachweis für den Verkauf nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel wird üblicherweise durch das Ablegen einer Sachkundeprüfung vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) erlangt. Durch entsprechende Qualifikation kann der Nachweis jedoch ebenfalls erbracht werden.

Eine Sachkundeprüfung entfällt unter anderem nach diesen Prüfungen und Abschlüssen:
● abgeschlossenes Hochschulstudium der Pharmazie
● staatliche PTA-Prüfung oder Nachweis der Gleichwertigkeit
● Abschlussprüfung für Apothekenhelfer/Apothekenhelferinnen
● Abschlussprüfung für pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte
● Zeugnis zum staatlich anerkannten Ausbildungsberuf als Drogist

Entwickelt sich dm zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz?

In den dm-Regalen findet sich bereits eine breite Palette freiverkäuflicher Produkte wie Tees, Meersalz-Nasensprays und Nahrungsergänzungsmittel. Davon abgesehen dürfen einige weitere freiverkäufliche Arzneimittel auch ohne entsprechenden Nachweis verkauft werden.

Ohne Sachkundenachweis verkauft werden dürfen:

  • mit ihrem verkehrsüblichen deutschen Namen bezeichnete Fertigarzneimittel, die in ihren Wirkungen allgemein bekannte Pflanzen oder Pflanzenteile enthalten sowie Presssäfte aus frischen Pflanzen oder Pflanzenteilen (sofern nur mit Wasser gelöst)
  • Mineral-, Meer- und Heilwasser sowie deren Salze in ihrem natürlichen Mischungsverhältnis oder ihre Nachbildungen
  • flüssige Verbandsstoffe, die zu ihrer Entkeimung mit nicht verschreibungspflichtigen Stoffen oder Zubereitungen versehen sind
  • ausschließlich zum äußeren Gebrauch bestimmte Desinfektionsmittel

Die Drogeriemarktkette will Apotheken den Rang streitig machen. Langfristig hat es dm dabei auf die Abschaffung der Apothekenpflicht abgesehen. Um seinem Ziel einen Schritt näher zu kommen, hatte der Konzern bereits vor zwei Jahren in Österreich einen Individualantrag auf Gesetzes- und Verordnungsprüfung eingereicht. Dm ging damit gegen das absolute Verbot der Abgabe von Arzneimitteln in Selbstbedienung vor und stellte sich gleichzeitig gegen Vorschriften, laut denen selbst nicht rezeptpflichtige Arzneimittel nur von Apotheken oder Versandapotheken bezogen werden dürfen. Der Antrag scheiterte vor dem Verfassungsgerichtshof.

Quellen:

https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/apothekensterben-dm-will-einspringen/

https://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__50.html

https://www.ihk.de/stade/recht-und-steuern/allgemeine-rechtsgebiete/gewerberecht/sachkenntnis-arzneimittel-1702978

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