Eine Jugendliche sitzt ihrer Ärztin gegenüber auf der Behandlungsliege.
Der Wechsel vom Kinder- zum Erwachsenenfacharzt ist für chronisch Kranke Jugendliche besonders schwer. © Rawpixel / iStock / Getty Images Plus

Teenager | Facharzt

CHRONISCH KRANK: DER SCHWIERIGE ABSCHIED VOM KINDERARZT

Für chronisch kranke Jugendliche ist der Wechsel vom Kinder- zum Erwachsenenarzt eine besondere Herausforderung. Wie die Umstellung gelingt und was dabei beachtet werden sollte.

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Irgendwann ist es soweit: Statt zum Kinderarzt, der einen häufig seit den ersten Lebensjahren begleitet hat, geht man zum normalen Hausarzt. Den einen «optimalen» Zeitpunkt für diesen Wechsel gebe es nicht, sagt Kinder- und Jugendarzt Jakob Maske aus Berlin. In der Regel werden Jugendliche ab 18 Jahren nicht mehr vom Kinderarzt behandelt - dann kann die Behandlung dort nicht mehr über die Krankenkassen abgerechnet werden. Allerdings können Kinderärzte in besonderen Fällen einen Verlängerungsantrag stellen. Der Wechsel zum Erwachsenenarzt setzt in der Regel voraus, dass der jugendliche Patient selbstständig ist. «Da muss man selbst an Termine denken oder dass man sein Medikament braucht», erklärt Maske.

Diabetes als besondere Herausforderung
Besonders bei chronisch kranken Jugendlichen sollte die Transition, wie der Wechsel auch genannt wird, gut vorbereitet werden. Die Gründe nennt der Kinderdiabetologe Prof. Andreas Neu. So kommen auf Jugendliche mit Diabetes in aller Regel zwei Arztwechsel zu: erstens der vom Kinderarzt zum Hausarzt, zweitens der vom Kinderdiabetologen zum Diabetologen für Erwachsene, erklärt Neu, der auch Vizepräsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft ist.

Der Arzt als Begleiter beim Heranwachsen
Der Kinderdiabetologe begleitet und berät in der Regel über viele Jahre von der Einschulung über die erste Klassenfahrt - bis hin zur Berufswahl. Dadurch kennt er den jungen Patienten sehr gut. «Die Betreuung von Patienten mit einer chronischen Erkrankung ist vor allem Beziehungsmedizin», erklärt Neu. Das ändere sich mit dem Wechsel vom Kinder- zum Erwachsenendiabetologen. Er plädiert: «In der sensiblen Phase des Heranwachsens, die von zahlreichen Umbrüchen charakterisiert ist, sollte nicht zusätzlich ein Arztwechsel erfolgen.». Stattdessen sollte der erst passieren, wenn wieder Stabilität im Leben des Jugendlichen herrscht.

Idealerweise bereitet der Arzt den Wechsel über einen langen Zeitraum vor. «Die Hinführung zur Eigenverantwortlichkeit ist ein Prozess, der sich über Jahre erstreckt», erklärt Neu. Angestoßen werden kann der Prozess damit, dass Jugendliche mit etwa 14 Jahren einen Teil der Sprechstunde ohne ihre Eltern besuchen.

Kein abrupter Wechsel
Sinnvoll sei etwa ein Vorstellungstermin und eine Nachbesprechung beim Kinderdiabetologen, empfiehlt Neu. In vielen Fällen habe sich auch eine Betreuung im kinderheilkundlichen Bereich bis in das dritte Lebensjahrzehnt bewährt. «Auch Betroffene selbst wünschen sich eher einen späteren und vor allem individuell gewählten Zeitpunkt.» Damit der neue Arzt sich gut auf seinen Patienten vorbereiten kann, sollte ein Informationsaustausch mit dem Kinderarzt stattfinden.

Unterstützung durch Programme und Stiftungen
Besonders gut läuft der Übergang zum Erwachsenenarzt in den Bereichen, in denen eine Transitionsstruktur geschaffen wurde, erklärt Prof. Lars Pape von der Gesellschaft für Transitionsmedizin. So gibt es etwa bei Herzerkrankungen Ambulanzen, in denen Patienten durchgängig betreut werden können. Bei anderen Erkrankungen engagieren sich Stiftungen. «Es hängt sehr vom lokalen Engagement ab, aber auch von finanziellen Aspekten», sagt der Experte. Deshalb fordert er bundesweite Transitionsstrukturen und deren Finanzierung.

Ein bundesweites Programm ist zum Beispiel das Berliner Transitionsprogramm. Chronisch kranke Jugendliche werden damit während des Arztwechsels von einem Fallmanager unterstützt, außerdem finden spezielle Gespräche statt. Auch manche Krankenkassen bieten Programme für den Wechsel vom Kinder- zum Erwachsenenarzt an.

Quelle: dpa

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