© Die PTA in der Apotheke
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Tatort Apotheke

BLUTVERDÜNNUNG

Kunden, die Medikamente zur Blutverdünnung einnehmen, sollten im Rahmen der Selbstmedikation besonders sorgfältig beraten werden. Zahlreiche Wirkstoffe können Wechselwirkungen hervorrufen.

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Frau Schmid, 76 Jahre alt, ist eine regelmäßige Kundin in der Apotheke. Die PTA weiß, dass sie nach einem Herzinfarkt zur Reinfarktprävention seit einem Jahr Phenprocoumon erhält. Heute wünscht sie von der PTA gegen eine Verstauchung des Fußes eine große Tube salicylathaltigen Gels, das ihr eine Freundin empfohlen hat. Auf Nachfrage erzählt Frau Schmid, dass sie beim Wandern umgeknickt sei und nun leichte Schmerzen im Fuß habe. Geschwollen oder gerötet sei aber nichts.

Die PTA sieht in der Kundenkartei, dass Frau Schmidt weiterhin Phenprocoumon einnimmt und erfährt, dass wegen der Verstauchung bisher noch kein Arzt aufgesucht wurde. Zur Sicherheit macht die PTA einen Interaktionscheck mit den Dauermedikamenten. Und sie wird fündig!

Pharmakologischer Hintergrund Das Gel gegen Verstauchung enthält Hydroxyethylsalicylat. Obwohl es zur äußerlichen Anwendung gedacht ist, sollte bei einer gleichzeitigen Anwendung mit Phenprocoumon eine Überwachung der Blutgerinnungsparameter beziehungsweise Anpassung vorgenommen werden – so schlägt es der Interaktionschecke der ABDA-Datenbank vor, um unerwünschte Blutungskomplikationen zu vermeiden. Phenprocoumon stoppt die Blutgerinnung über Hemmung der Vitamin K-Epoxid-Reduktase.

Salicylate haben bereits in niedrigen Dosierungen ab 75 Milligramm pro Tag einen blockierenden Effekt auf die schleimhautschützenden Faktoren im Gastrointestinaltrakt. Die Gefahr für Blutungen ist bei einer dauerhaften oralen Einnahme erhöht. Außerdem hemmen Salicylate irreversibel die Cyclooxygenasen, insbesondere Cyclooxygenase-1. In der Folge wird weniger Thromboxan gebildet, das so wichtig ist für die Thrombozytenaggregation. Salicylate und Cumarine wirken deshalb synergistisch hemmend auf die Blutgerinnung.

Diese Interaktion bedeutet für den betroffenen Patienten ein höheres Risiko für Blutungskomplikationen, Hämatome und gastrointestinale Blutungen. Bei der Beurteilung der Relevanz ist schon zwischen niedrig und hoch dosierten Salicylaten zu unterscheiden. Die äußerliche Anwendung eines salicylathaltigen Gels erscheint zunächst nicht besonders risikoreich. Einzelne Fallberichte in der Literatur beschreiben jedoch nach mehrtägiger Anwendung solcher topischer Zubereitungen und gleichzeitiger Einnahme von Warfarin einen Einfluss auf die Gerinnungsparameter sowie vermehrtes Auftreten von Hämatomen.

Auch bei der äußerlichen Applikation von Salicylaten können klinisch relevante Blutspiegel erreicht werden. Das hängt natürlich von der aufgetragenen Wirkstoffmenge und der Hautfläche sowie von der Behandlungshäufigkeit ab. Um im Rahmen der Selbstmedikation keinerlei Risiko einzugehen, sollte möglichst auf die Abgabe von salicylathaltigen Salben und Gelen verzichtet werden.

Zurück zum Fall Die PTA rät Frau Schmid von dem gewünschten Gel ab. Sie erklärt ihr, dass der Arzneistoff durch die Haut ins Blut übergeht und dort die blutverdünnende Wirkung der Phenprocoumontabletten verstärken könne. Deshalb empfiehlt sie der Kundin eine Beinwellextraktsalbe, die sie ruhig mehrmals täglich auftragen könne und gibt ihr eine Bandage zur Stabilisierung des Beines mit. Außerdem weist sie darauf hin, einen Arzttermin zu machen, um die genaue Ursache der Schmerzen abklären zu lassen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/13 auf Seite 28.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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